Im Vergleich zur Metropole Seoul wirkt Sokcho beschaulich - eine Wohltat für Körper, Geist und Seele.

Am frühen Morgen verlassen wir Seoul. Die Stadt war aufgrund seiner vielen Facetten schon eine kleine Herausforderung. Die nächsten Tage werden definitiv ruhiger. Die Fahrt mit dem Expressbus in Richtung Osten ist angenehm. Wir haben ausreichend Platz und WLAN 😃

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Wir erreichen Sokcho fast eine Stunde später als geplant und anstatt am Intercity kommen wir am Express Bus Terminal an. Alles etwas verwirrend. Wieso gibt es bitte 2 Fernbahnhöfe für Busse? 🧐

Gut, dass wir in Seoul noch eine T-Money Card gekauft und aufgeladen haben. So steigen wir einfach in den Bus Nummer 9 und sind keine 10 Minuten später am Hotel. Wie in der Metro in Seoul werden die Stationen zum Glück auch in Englisch angesagt 👍

Wir hoffen, dass wir schon einchecken dürfen. Leider nein, leider gar nicht! Wir müssen bis 16 Uhr warten oder können 20.000 WON pro Stunde bezahlen. Was nicht ganz im Verhältnis steht, wenn die ganze Nacht 35 Euro kostet 😉

Gut, dann lassen wir unser Gepäck inklusive Wanderschuhen in der Lobby, tragen noch schnell Sonnencreme auf und erkunden erstmal Sokcho. Wir laufen zum Intercity Bus Terminal und kaufen die Tickets für die Weiterfahrt nach Busan. Noch sind alle Plätze frei, aber das kann morgen schon ganz anders aussehen 🚍

Wir entdecken ein super schickes Café, wo ich einen Kaffee mit Erdnusscreme probiere. Die haben echt coole Spezialitäten. In Seoul gab es schon einen Einspanner, einen Kaffee mit Vanillecreme. Solche Namen denken sich sonst nur die Österreicher aus. Das alles erfahren wir nur Dank der Google Translate App, denn die Karte ist koreanisch ohne Untertitel - willkommen auf dem Land 😂

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Ursprünglich war Sokcho mal ein kleines Fischerdorf am See Cheongchoho, dass nach dem Zweiten Weltkrieg sogar kurzzeitig unter nordkoreanischer Kontrolle stand. Seit 1951 gehört es zu Südkorea und hat sich über die Jahre eingebettet zwischen den Bergen und dem Japanischen Meer zu einem wichtigen Hafen und Umschlagplatz für Mineralien entwickelt 🙃🙂

Mittlerweile leben etwa 82.000 Einwohner in der Stadt, die nur rund 25 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Da unser Hotel direkt am Seorak Port, dem kleinen Fischerhafen südlich des Stadtzentrums, in die Höhe ragt, ist es zum Fischmarkt nicht weit.

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Der Jungang Markt, auch bekannt als Sokcho Tourist & Fishery Market, ist seit 1953 das kulinarische Herz Sokchos. Auch am Nachmittag herrscht reges Treiben rund um die zahlreichen, bunten Stände. Wir verschaffen uns erstmal einen Überblick. Die meisten Händler bieten Kimchi, getrockneten Fisch 🐟, frittierte Garnelen 🍤 und Gemüse, gefüllten Tintenfisch 🦑 und das berühmte süß-scharfe „Fried Chicken” 🍗 an. 

Das Gute ist, an einigen Ständen können wir probieren. Kleine Warnung: Es werden auch Innereien wie Hühnermagen angeboten. Wenn Ihr Euch nicht sicher seid, benutzt besser eine Übersetzungsapp 🫣

Wir drehen eine große Runde, auch durchs Untergeschoss, wo es aussieht wie auf dem Fischmarkt in Seoul, nur in überschaubar. Vorteil, der Fisch ist noch frischer, denn das Meer liegt direkt vor der Tür 🤫

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Davon können wir uns selbst überzeugen, wir besichtigen noch den kleinen Hafen, wo die bunten Fischerboote im Wasser schaukeln. Gut zu wissen, hier fährt auch die Fähre nach Abai Village. Dann kehren wir ins Hotel zurück und checken ein.

Schon irgendwie witzig. Nicht das wir wirklich kochen wollen, aber ein Appartement mit Herd, aber ohne Töpfe, Pfannen, Tellern oder Schalen macht irgendwie kein Sinn. Oder bin ich da jetzt kleinlich 🤣 

Wir chillen ein wenig, kommen erstmal an, bevor es zum Abendessen wieder zum Jungang Markt geht. Dort angekommen, stellen wir fest, einige Stände in der sogenannten Dakgangjeong Alley sind schon ausverkauft. Wow, das Hühnchen dort muss echt gut sein, denn es ist gerade mal 19 Uhr 😱 

Die Atmosphäre ist unbeschreiblich: Die Händler rufen laut ihre Angebote aus, Besucher drängen sich zwischen bunten Ständen, wo sich teils lange Schlangen gebildet haben. Duft von frittiertem Teig, Fisch und geröstetem Sesam liegt in der Luft, aber nicht unangenehm, da alles frisch zubereitet wird 😊

So schnell können wir gar nicht gucken, wie verschiedene Hände mit Zangen die Portionen verteilen. Überall kommen uns Menschen mit Boxen oder Tüten entgegen. Klar, die meisten nehmen es mit nach Hause und essen dort.

Zum Glück haben die Stände oft noch einen kleinen Raum mit Tischen und Stühlen. Wir setzen uns und probieren den gefüllten Tintenfisch mit Ei überbacken, eine lokale Spezialität, und einen Buchweizenpfannkuchen mit eingebackenem Chinakohl. Der Tintenfisch ist super, der Pfannkuchen braucht ganz viel Sauce, damit er nach irgendwas schmeckt 😎

Zum Nachtisch wären eigentlich Susu-bukkumi, gebratene Reiscrêpes mit Bohnenfüllung Pflicht. Die sind nicht so unser Fall, weswegen wir auf Sushi mit Aal und Mochis mit Weintrauben und Erdbeeren gefüllt zurückgreifen. Dazu gibt es im Hotel einen Whisky 🥃

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In Sokcho kommen wir etwas zur Ruhe, so viel steht fest. Auch das Wetter spielt uns dafür in die Karten. Die Sonne zeigt sich erst später, das heißt, wir können ausschlafen und der Nationalpark muss warten.

Genau das tun wir. Zum Frühstück wollen wir eigentlich Bingsu essen. Die saisonale Variante im Huindajeong mit Feigen sah unschlagbar aus. Leider hat das Café zu. Gut, dann gibt es eben nur einen halben Bagel und einen Café Latte 🥯

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Wir beeilen uns, zurück ins Hotel zu kommen, denn zwischen 13 und 14:30 Uhr gibt es keinen Strom. Das heißt, der Fahrstuhl fährt nicht und unser Zimmer lässt sich ggf. auch nicht öffnen oder schließen. Wir brauchen aber noch unsere Badesachen, denn Mark will eventuell am Sokcho Beach baden 🩳

Gesagt, getan und dann passiert das Unfassbare. Der Fahrstuhl wird schon 20 Minuten vor der angekündigten Zeit abgestellt. Wir dürfen die 20 Etagen über die Treppe verlassen, zum Glück runter und nicht hoch 😬

Unser nächstes Ziel ist das einen kurzen Spaziergang entfernte Abai Village. Um dorthin zu gelangen, überqueren wir den schmalen Kanal mit einer kleinen Handseilfähre, der sogenannten Gaetbae, die gemächlich und lautlos über das Wasser gezogen wird - Touristen sind herzlich eingeladen mitzuhelfen 😃

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Das kleine Dorf entstand in den 1950er Jahren, als Flüchtlinge aus Nordkorea Zuflucht suchten. Der Ort hat viel von seiner ursprünglichen Struktur und Atmosphäre bewahren können. Enge Gassen, kleine Wohnhäuser und eine von Nordkorea inspirierte Küche prägen das Bild.

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Dazu gehören Abai oder Ojingeo Sundae. Abai steht für die nordkoreanische Variante der Blutwurst, wofür ein Schweinedarm mit einer Mischung aus Schweineblut, Klebreis, Glasnudeln, Gemüse wie Kohl und Lauch sowie Gewürzen gefüllt wird. Das Sundae für den Tintenfisch, ebenfalls befüllt und gedämpft, aber ohne Blut 😇

Ich möchte unbedingt Hamheung Naengmyeon probieren. Die kalten Buchweizennudeln werden mit rohem Fisch wie Pollack serviert, sind deutlich würziger und haben eine feinere Konsistenz als die südkoreanische Version. Ich kann sie Euch nur ans Herz legen, sehr lecker 😋

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Wir streifen ein wenig durch Abai Village, dass auch bei koreanischen Filmfans bekannt ist. Denn es diente als Drehort für die Serie „Autumn in My Heart” 🥰

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Danach machen wir uns auf zum Sokcho Beach und müssen die markante rote und blaue Bogenbrücke überqueren. Die sogenannte Sinsuro Arched Bridge verbindet Abai Village mit dem Strand und überspannt dabei den Tidenkanal und den Cheongchoho See, auch als Gezeitenlagune bekannt.

Sie ist für Autos, Fahrräder und Fußgänger zugänglich und bietet einen großartigen Aussichtspunkt. Zur einen Seite präsentieren sich das Meer, zur anderen Seite haben wir einen tollen Blick auf Sokcho und das Seoraksan Gebirge im Hintergrund.

Wir spazieren erst durchs Wohnviertel und später entlang der Uferpromenade. Viele Häuser haben einen eigenen kleinen Garten, wo Auberginen 🍆, Chilis 🌶️ und irgendwelches Grünzeug zum Fermentieren wächst. Keine Ahnung, was es ist 😜

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Der Sandstrand erstreckt sich über gut 1,2 Kilometer und gilt als einer der schönsten Orte in Korea, um den Sonnenaufgang über dem Meer zu erleben. Hätten wir das vorher gewusst, wären wir aufgrund des bedeckten Himmels auch nicht früher aufgestanden 😉

Mark wollte eigentlich baden, was in dem klaren Wasser bestimmt eine Wohltat wäre. Doch die Sonne hat es immer noch nicht geschafft, sich durch die Wolken zu kämpfen, weswegen wir uns auf die modernen Kunstobjekte und Fotospots konzentrieren.

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Danach fahren wir noch zum Naksansa Tempel. Er liegt etwa 8 Kilometer südlich von Sokcho und ist mit der Bus Linie 9 in 20 Minuten erreichbar. Der Busfahrer ist eine Nummer für sich. Erst blöckt er uns auf koreanisch an, keine Ahnung, was er wollte, dann heizt er über die Straßen als gäbe es kein Morgen 😳

Wie gut, dass uns die Halbinsel sofort mit einer ganz besondere Ruhe empfängt. Der Naksana Tempel liegt eingebettet zwischen rotstämmigen Kiefern direkt am Ostmeer - wunderschön 😊

Der Tempel hat eine lange Geschichte: Er wurde im Jahr 671 von dem buddhistischen Mönch Uisang gegründet und gehört heute zum Jogye Orden. Wie so viele Tempel 🛕

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Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Tempel mehrfach zerstört, erst durch die Invasion der Mongolen im 13. Jahrhundert, dann durch den Koreakrieg und zuletzt 2005 durch einen großen Waldbrand 🔥

Zahlreiche Gebäude und Kulturgüter gingen dadurch verloren, darunter auch die historische Tempelglocke aus dem 15. Jahrhundert, die im Feuer schmolz. Trotz all dieser Rückschläge wurde der Naksansa Tempel immer wieder originalgetreu aufgebaut. Klar, die bronzene Glocke ist „nur“ eine originalgetreue Nachbildung 🔔

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Die Architektur der weitläufigen Tempelanlage ist eine harmonische Mischung aus traditionellen Elementen. Ein gut 2 Kilometer langer Rundweg führt uns vorbei an verschiedenen Gebäuden wie einer siebenstöckige Steinpagode aus der Joseon Zeit, einem kunstvoll gestalteten Holzportal, das Sacheonwangmun, was so viel wie „Tor der vier Himmelskönige“ bedeutet, mehreren Gebetshallen und Glockenpavillons 😎

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Die Malereien und Schnitzerei an den Toren, den Wänden und Decken im Naksansa Tempel zeigen oft Buddha, Bodhisattvas, Lotusblumen, Drachen und andere himmlische Wesen, die Schutz und spirituelle Bedeutung symbolisieren. So stehen zum Beispiel die Lotusblumen für Reinheit und die Drachen für Abwehr negativer Kräfte 🫢

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In den Tempeln selbst sind verschiedene, teils bis zu 1.500 kleineren Statuen zu sehen. Sie verkörpern die oder den sogenannten Bodhisattva, einen „Anwärter auf die Buddhaschaft“ oder ein erleuchtetes Wesen, das aus Mitgefühl noch im Samsara bleibt, um anderen zu helfen 👌

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Die Wege sind gut ausgebaut und führen direkt zur 15 Meter hohen Statue Haesugwaneumsang, der Göttin der Barmherzigkeit, die seit 1977 über den Tempel wacht. Sie gilt als Bodhisattva Avalokiteshvara, das heißt, sie zeigt Mitgefühl und unterstützt andere Wesen, ohne selbst schon in der Buddhaschaft zu sein.

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Zum Schluss bewundern wir noch den Pavillon Uisangdae, der direkt auf einer Klippe liegt. Benannt nach dem Gründer, der hier einst morgen bei Sonnenaufgang meditierte. Dieses Farbenspiel der Natur in Kombination mit der Architektur ist ein Genuss für die Sinne und ein absolutes Muss in Sokcho 😊

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Wir verbringen gut 1,5 Stunden im Naksansa Tempel. Da der Bus gerade weg ist, sind wir erst gegen 19 Uhr zurück in Sokcho. Diesmal überlegen wir gar nicht lange. Wir steigen direkt am Fischmarkt aus und bestellen das berühmte Dakgangjeong. 

Das koreanische Gericht besteht eigentlich aus knusprig frittiertem Hühnchen, das mit einer süßlichen, klebrigen Sauce überzogen ist. Wir entscheiden uns für die Variante aus Hühnchen 🍗 und Riesengarnelen 🦐, die tatsächlich komplett, mit Kopf, Schwanz und Schale frittiert wurden, vom Darm ganz zu schweigen 🤐

Im ersten Moment irritiert uns das, aber der erste Bissen lässt uns das schnell vergessen. Diese Kombination aus knuspriger Panade, süß-würzigem Geschmack mit leichter Schärfe, dazu gerösteter Sesam und Mandeln sowie eingelegte Zwiebeln einfach göttlich 🤪 

Hinterher gibt es noch ein Eis mit 2 Oreo Churros, einem Oreo Keks, Oreo Kekskrümeln, einem Oreo Stick und 6 kleinen Oreo Loops - was für ein geiler Abschluss des Tages.

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Keine Panik, morgen geht’s den Kalorien an den Kragen. Der Seoraksan Nationalpark, der zu den landschaftlichen Höhepunkten unserer Reise zählt, wartet auf uns.