Es gibt Momente im Leben, da willst du am liebsten aufgeben. Wenn du zu diesem Zeitpunkt jedoch mitten auf dem Lavafeld des Piton de la Fournaise stehst, überlegst du es dir …
Wir starten im Dunkeln. Ja, wir sind im Urlaub und der Wecker klingelt um 4 Uhr 🙄 Warum so früh? Ganz einfach, zum Pas de Bellecombe brauchen wir mindestens 1,5 Stunden - je nachdem wie die letzten Kilometer Schotterpiste es zulassen auch länger.
Gepackt haben wir größtenteils schon. Jetzt noch das morgendliche Ritual: Espresso für mich, Perenterol, Staphisagria C 200, L-Carnitin, Sonnencreme und NoBite für uns beide 😃
Los geht’s und zwar direkt ohne komische Abkürzungen durch unser Navi ✌️ D26, D26b, D27, N3, vorbei am Käseladen zur Route Forestière du Volcan - rund 50 Kilometer.
Genau wie hoch zum Maïdo gilt: Alle Aussichtspunkte links liegen lassen und straight zum Parkplatz. Die Sonne lässt nicht lange auf sich warten und steigt höher und höher. Wir pfeifen auf unsere eigene Regel und halten doch. Oder würdet Ihr es Euch entgegen lassen, wenn die Sonne über den Wolken aufgeht und die Berge anstrahlt? 🙃🙂
Das Tor am Pas de Bellecombe ist geöffnet, d.h. es sind keine Aktivitäten zu erwarten. Es ist kurz nach 6 Uhr und wir laufen los bzw. steigen erstmal gefühlte 500 Stufen hinab. Irgendwo habe ich gelesen, es wären nur 100 Stufen, aber das reicht nicht für 100 Höhenmeter auf 500 Metern.
Es ist noch angenehm kühl. An den Rückweg möchte ich noch gar nicht denken … Unten angekommen folgen wir den weißen Markierungen mitten übers Lavafeld.
Den Formica Léo betrachten wir uns als ersten kleinen Krater aus der Nähe. Die Vorstellung, dass der letzte kleinere Ausbruch noch gar nicht so lange her ist, ist etwas unheimlich 😱
Und dass der Cratère de Dolomieu erst 2007 nach einem Ausbruch 300 Meter abgesackt ist, macht es auch nicht besser. Andererseits ist der Krater genau das, was diese Wanderung ausmacht, denn der Balcon de Dolomieu ist unser Ziel.
Der Anfang ist noch ein Kinderspiel, aber nach rund 2,5 Kilometern machen meine Muskeln zu. Ja, so einfach stecke ich 830 Höhenmeter auf den Col du Taïbit nicht einfach weg. Ich trage seit dem gleich 2 Kater mit 🐈⬛ Einer hat sich in meine Waden, der andere in meine Oberschenkel verbissen 😬
Der Aufstieg ist hart: die Sonne brennt, die Luft ist total trocken und den Rest gibt mir der Weg. Ich finde einfach keinen Rhythmus 😢 Da kullerten auch schon die Tränen, aber jetzt aufgeben?
Es sind diese 5 Minuten, die ich zum Kräfte sammeln brauche inklusive 1x Diasporal direkt - 400 mg Magnesium - und natürlich eine ganz feste Umarmung. Dann kommt der Widder durch und schüttelt zumindest einen Kater ab 💪
Diese Mondlandschaft ist Faszination pur: Überall Lava, mal älter, mal frischer, hier und da ein kleinerer Krater und dazu das Panorama der Berge drumherum mit einer Wolkendecke, als könnten wir uns darin einkuscheln ☁️
Es geht Schritt für Schritt, Meter um Meter voran und endlich haben wir das härteste Stück Anstieg hinter uns ☺️
Wie Ihr Euch vorstellen könnt, sind wir nicht allein unterwegs. Im Gegenteil, die Wanderung gleich einer Völkerwanderung bzw. von oben betrachtet einer Ameisenstraße. Was tatsächlich ein wenig nervt, ist das Rumgestochere mit Trekkingstöcken einiger Personen.
Das Geräusch ist so eindringlich, dass wir das Gefühl haben, schneller laufen zu müssen … Aber wir versuchen unser Tempo zu halten und treten mehrmals einen Schritt zur Seite, um Platz zu machen. Denn Leute, die einem schon fast in den Nacken atmen - sorry, geht gar nicht 🤨
Juhuuu … Wir sind oben! Wir haben es geschafft! Es ist grandios den Krater dieses geologischen Meisterwerks aus der Nähe zu betrachten - einfach nur WoW 😲 Klar, das da eine kleine Fotosession nicht ausbleibt, die Panoramen findet Ihr auf Facebook 🎥
Wir genießen den Ausblick und stärken uns dabei für den Rückweg. Wasser haben wir noch genug - ein Glück 🍀 Es ist so trocken hier oben, dass ich zum ersten Mal froh bin, dass noch 5 Liter im Kofferraum mit uns herumfahren. Die haben wir gekauft, weil wir nicht sicher waren, wie das Wasser aus der Leitung schmeckt … es ist gut 👍
Die 6,5 Kilometer wieder zurück sind wesentlich anstrengender. Klar, der Weg ist derselbe, aber das Klima verändert sich mit jeder Stunde. Es ist heiß und trocken 🥵 Kaum ein Strauch überlebt das. Die Vegetation ist karg. Dafür glitzern die Lavasteine in unterschiedlichen Farben - je nach chemischer Zusammensetzung mal Orange-Braun oder auch Blau-Schwarz - was für ein Naturschauspiel 🥰
Wir konzentrieren uns auf unsere Füße, setzen einen vor den anderen und erreichen irgendwann wieder den Formica Léo. Jetzt nur noch die gefühlten 500 Treppenstufen wieder hinauf … die ziehen sich wie Kaugummi, genau wie zuvor der Abstieg 🤪
Wie gut, dass die Sonne jetzt anders steht, so nutzen wir die Verschnaufpausen nochmals für das ein oder andere Foto des Vulkans. Am Morgen lag er schließlich im Gegenlicht ☀️
Die Socken qualmen in den Wanderschuhen. Schnell raus in die Flipflops und zurück geht’s nach Entre Deux. Mark hatte eigentlich geplant, noch an dem einen oder anderen Aussichtspunkt zu halten, aber die Wolken machen uns einen Strich durch die Rechnung. Sie ziehen übers Tal hinweg und kreuzen somit auch unseren Weg - gespenstisch 😳
Jetzt fahren wir zum 3. Mal am La Kaz vorbei und immer scheint es gut besucht. Wir testen es und genießen sehr gute kreolische Küche mit Boucané Baba Figue - Schweinefleisch mit Bananenblüten - und Magret de Canard grillé - zart-rosa Entenbrust mit zweierlei Saucen - dazu ein Ti Punsch 😋
Den Nachmittag verbringen wir in unserem Häuschen. Wir springen zur Erfrischung in den Pool, aktualisieren den Blog und belohnen uns mit einem Café Gourmand 😉 Ein kleines Glas Rum darf natürlich auch nicht fehlen zusammen mit einer saftigen Orange 🍊, einer frischen Maracuja oder Passionsfrucht, den Unterschied habe ich noch nie verstanden 🤔, und einer süßen Mango 🥭
Ja, wir lassen es uns gut gehen, nichts anderes haben wir verdient 😍