Pico hat uns auf den ersten Blick verzaubert. Und das obwohl wir nur ein wenig die Küste gestreift haben. Schauen wir mal, was die 42 Kilometer lange Insel noch zu bieten hat.
Erstmal erwartet uns Helen zum Frühstück. Wir wollen nicht unhöflich sein und die hausgemachten Marmeladen aus Feigen und Mispeln sind köstlich auf dem frisch gerösteten Maisbrot 🌽 Zudem ist die Aussicht aufs Meer ein ganz besonderer Energiekick am Morgen.
Wir starten in Richtung Landesinnere und hoffen, die Wolken verziehen sich bald. Hier und da erhaschen wir einen Blick auf den Pico. Die Straße ist super asphaltiert, das haben wir auf Faial schon ganz anders erlebt, und erneut von Hortensien gesäumt, die aber erst vereinzelt blühen.
Dieses durchwachsene Wetter hat Vor- und Nachteile. Die Sicht am ersten Aussichtspunkt ist zwar gleich Null, dafür sehen wir einen weiteren, wunderschönen Regenbogen 🌈
Die Seenlandschaft zu erkunden, stellen wir erstmal hinten an und steuern direkt zwei Adegas an. Schließlich möchte ich eine Flasche von dem guten Feigenbrandy mit nach Hause nehmen. Beide wirken auf den ersten Blick verlassen. Dennoch ist die zweite die Richtige: In der Adega Santana finden wir „meinen“ Aguardente do Figo 🙏
Der Tag ist gerettet 🙃🙂 Nein, es warten viel bessere Highlights auf uns. So zum Beispiel die Lavaformationen an der Küste von Caprito und Arcos.
Dazwischen immer wieder diese wunderschönen gefleckten Häuser aus Lavasteinen mit ihren roten oder grünen Fenster, Türen und Gartenzäunen. Ja, das ein oder andere gefällt uns schon sehr, aber was tun wir dann den ganzen Tag? 🤔
Das Wetter lädt immer noch nicht zum Baden ein, sonst wäre das der ideale Platz zum Verweilen gewesen. Anstatt Mark hätte ich es mir mit einem Café auf der Liege bequem gemacht, während er sich im kühlen Nass erfrischt hätte - hätte, hätte … 🤗
Widmen wir uns also wieder dem Wein 🍷 Der Anbau der Verdelho-Traube reicht weit ins 15. Jahrhundert zurück. Frei Pedro Gigante brachte sie aus Madeira mit, aber erst der Ausbruch des Picos 1718 und 1720 sowie die Franziskaner, wer sonst, verhalfen dem Wein zu Ruhm und Ehre.
Zumindest so weit es unter der Fuchtel von Horta möglich war. Die Herren - und vielleicht auch Damen - verkauften den Wein nämlich viele, viele Jahre gerne als ihren eigenen. Neben dem Fisch- und Walfang, war der Weinanbau bis in die 1970/80er Jahre das zweite Standbein der Insel.
Und dann schleppten amerikanische Handelsschiffe die Reblaus ein. Die meisten Reben starben und der Weinanbau ging von rund 16.000 auf nicht mal mehr 2.000 Hektar zurück. 2004 wurden die alten Weinanbaugebiete, die Zona das Adegas, zu deutsch der Weinkeller, zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Die EU fördert zudem die Rekultivierung der Weinstöcke - weit besser als den Bau irgendwelcher Club-Hotels 🫣
Das Centro de Interpretação da Paisagem da Cultura da Vinha da Ilha do Pico in Lajido schließt leider gerade, so dass wir erst später ein oder zwei Weine probieren können. Dennoch lohnt sich ein Gang durch das hübsche Weinörtchen, durch das früher die Ochsenkarren mit Wein gezogen wurden, wie die Spuren in der Lava zeigen 😲
Das gepflegteste aller Örtchen muss wohl Porto Cachorro sein - zumindest wartet ein Reisebus oben an der Straße. Oder sind sie nur wegen des Felsens da, der wie ein Hund aussieht? Egal, die Brücken, Höhlen, Bögen, Schluchten und Becken, die die Lavaströme des Vulkanausbruchs 1718 geformt haben, sind einzigartig faszinierend.
Wir erreichen die Hauptstadt der Insel: Madalena und besuchen die Cella Bar, die durch ihre Architektur, ihre große Auswahl an Weinen und Spirituosen sowie ihrer ausgezeichneten Küche besticht.
Das hat auch ihren Preis, aber der perfekt gegrillte Thunfisch und Pulpo sind es absolut Wert 👌 Das ist das Beste, was wir bisher gegessen haben!
Wein nehmen wir hier nicht mit, denn der ist extrem teuer. Er kostet fast das Dreifache. Wir statten lieber der Cooperativa Vitinicola da Ilha do Pico einen Besuch ab. Schade, das wir nicht mit dem Auto nach Hause fahren, sonst wäre es eine Kiste geworden. So ist es nur eine Flasche für den Abend - zum einen haben sie den Syrah nicht, zum anderen wollen wir nicht zu viel schleppen. Zwei Inseln haben wir ja noch vor uns 😊
Wir überholen ganz schnell den Bus mit französischen Touristen. Warum? Weil wir die berühmteste Windmühle der Insel, die Moinho de Frado, mit Blick auf den Pico und das Meer ganz einfach für uns haben wollen 😉 Vor uns erstreckt sich in voller Pracht das Weinanbaugebiet des Verdelho. Super viele kleine Parzellen, alle eingerahmt von schwarzen Mauern aus Lavasteinen. Dazwischen ab und an Adegas, wo die Weinfässer lagern.
Eigentlich wäre das genug für einen Tag, aber die Sonne ist immer noch da ☀️Das bedeutet: Wir versuchen unser Glück und nehmen Europas längste geradeaus führende Straße, um das unbewohnte Hochland zu erkunden. Keine Bange, den Pico lassen wir links liegen. Für den Auf- und Abstieg von rund 1.150 Höhenmeter benötigen gute Wanderer 5, Menschen wie wir eher 7-8 Stunden.
Das einzige, auf das wir hier aufpassen müssen, sind lediglich die Kühe und Rinder. Anderen Touristen begegnen wir eher weniger. WoW 😮 Was für eine grandiose Landschaft aus Wiesen, Weiden, Wacholderbäumen und Seen.
Wir halten am Lagoa do Capitão, am Lagoo do Caiado und erblicken den den Lagoa Seco in der Ferne. Den Lagoa do Paul, wer ist eigentlich Paul, lassen wir rechts liegen. Die Straße ist uns mit unserem kleinen Toyota Yaris etwas zu holprig.
Am Lagoa da Rosada grasen Pferde. Das eine ist so neugierig, dass es fast den Kopf ins Auto streckt - schnell weiter zum Lagoa do Peixinho 😂
Diese Tour durchs Hochland mit seinen grasbewachsen Krater und im Rückspiegel immer mal wieder der Pico ist ein absolutes Muss. Nach einigen weiteren Fotostopps und Aussichtspunkten wie dem Miradouro da Terra Alta erreichen wir nach rund 36 Kilometern wieder die Küste.
Mark erfrischt sich am Naturbecken der Zona de Banhos da Poça Branca, erkundet noch die Mühle und den Leuchtturm, während ich in der Adega Açoriana einen weiteren Rotwein der Insel genieße.
Was für ein Tag 🥰 So wunderschön, dass wir ihn an unserem Miradouro mit ein bisschen Brot, Schinken, Käse, Oliven, Melone und Paprika und natürlich bei einem Gläschen Rotwein ausklingen lassen.
Nur damit Ihr mal einen kleinen Eindruck bekommt, wir waren gute 12 Stunden unterwegs auf Pico. Und das war gut so. Ein Tagesausflug von Faial aus wäre definitiv zu wenig gewesen.